Wie Marken gewinnen,
ohne zu kämpfen.

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Brands mit einer sinnstiftenden Value Proposition haben auf dem Markt ökonomisch klare Vorteile. Die Meaningful Brands Studie¹ 2021 der Havas Media Group zeigt eindrücklich, warum starke Marken nicht kämpfen müssen. Was die Studie nur auf den zweiten Blick zeigt, ist wieviel das mit Neurobranding und unterbewussten Entscheidungsprozessen zutun hat.

Datum

19. Oktober 2022

Lesedauer

9 Minuten

Kunden kaufen heute nicht mehr nur ein Produkt, sie kaufen «den Sinn» hinter einem Produkt – nämlich warum eine Marke etwas tut. Das ist, stark verkürzt, die wesentliche Erkenntnis der Studie von Havas Media Group. Ein weitere Essenz – und das sollte Unternehmen, Marketeers wie Agenturen wirklich schmerzen – ist der grosse Vertrauensverlust. 74 % aller Marken könnten ohne Probleme über Nacht verschwinden und keiner würde es merken!

Markenrelevanz ist viel mehr als Marketing

Im 12. Jahr ihres Bestehens zeigt die Untersuchung zum Markenwert eine zunehmende Erwartungslücke in den Beziehungen der Verbraucher:innen zu Marken und Unternehmen auf. Es zeichnet sich einen signifikanten, langfristigen Trend bei Verbraucher:innen auf, die verzweifelt nach Authentizität, sinnvollem und nachhaltigem Handeln zum Wohle der Gesellschaft und unserer Erde suchen, aber von leeren Markenversprechungen enttäuscht werden. Der Negativeffekt folgt auf dem Fuss: weltweit sind 75 % aller Marken für Konsument:innen so gut wie überflüssig und nur 40 % des produzierten Contents wird als relevant bewertet.

 

Die wichtigsten Facts aus der Studie

Vertrauenswürdigkeit von Marken auf historischem Tiefstand

Die Umfrage von 2021, welche auf dem Höhepunkt der globalen Pandemie Mitte 2020 durchgeführt wurde, zeigt einen dramatischen Verlust am Vertrauen in Marken – 71 % der Konsument:innen haben wenig Vertrauen, dass Marken ihre Versprechen einhalten werden. Noch schlimmer ist, dass nur 34 % der Verbraucher:innen glauben, dass Unternehmen transparent sind was ihre Verpflichtungen und Versprechen angeht.

Weniger als 50 % vertrauen Marken in Westeuropa

Weniger als die Hälfte der Marken geniessen bei Konsument:innen echtes Vertrauen. In Westeuropa werden gerade mal 43 % der Marken als vertrauenswürdig eingestuft. Nur 39 % sind es im Vergleich dazu in Nordamerika.

3/4 aller Marken können problemlos ersetzt werden

75 % aller Marken könnten von jetzt auf gleich verschwinden oder könnten ohne Probleme sofort ersetzt werden.

Konsument:innen erwarten Unterstützung in Krisenzeiten

77 % der befragten Teilnehmer:innen erwarten, dass Marken Menschen in Krisenzeiten unterstützen. Die Studie hat drei Bereiche identifiziert, in denen die Erwartungshaltung deutlich gestiegen sind: 1. mehr Zusammenhalt, 2. mehr Achtsamkeit für unsere Erde und 3. neue Wertschöpfungskonzepte für ein nachhaltigeres Wachstum.

Mehr echte Haltung – aber auch höhere Zahlungsbereitschaft

53 % der Konsument:innen sind bereit, mehr für eine Marke zu bezahlen, welche Umwelt- und Sozialthemen wirklich ernst nehmen. Noch höher ist die Zahlungsbereitschaft für Unternehmen, welche die Gewinnmaximierung nicht an die erste Stelle setzten: 64 % würden für eine nachhaltigere Sinnstiftung (Purpose) der Marke ihre Geldbörse öffnen.

Sinnstiftung als Wertschöpfungsmodell?

Betrachtet man einmal die gesamten globalen Ausgaben für Marketing, Kommunikation und PR und stellt dem gegenüber, dass 75 % der Marken nicht vermisst werden würden, muss man sich unweigerlich die Kosten-Nutzen-Frage stellen. Macht es überhaupt Sinn, unter den gegeben Umständen Zeit und Geld in die Markenführung zu investieren? 

Denn obwohl gemäss der Meaningful Brands Studie Dreiviertel aller Marken entbehrlich sind, zeigt ein Vergleich der Erfolgsfaktoren der erfolgreichen Brands: Sie alle haben eine klare Positionierung, welche sie von ihrer Konkurrenz abhebt. Und es lässt sich feststellen, dass Brands, die als sinnstiftend empfunden werden, langfristig erfolgreicher sind. Langzeitstudien belegen, dass starke Marken mit einem klaren Purpose überdurchschnittliches Wachstum und deutlich höhere Gewinnmargen ausweisen. So einfach? Natürlich nicht!

Persönliche Mehrwerte sind mit Emotionen verbunden 

Havas nennt drei Kriterien – persönliche, kollektive und funktionale Mehrwerte –, die eine Marke zu einer wirklich «bedeutsamen Marke» machen. Schaut man mit einem neurowissenschaftlichen Auge auf das Kriterium «Persönliche Mehrwerte» ist es die emotionale Dimension, welche im Kontext von Neurobranding besonders interessant ist. Die Emotion wird von Havas als ein bewusstes Gefühl beschrieben, welches die Marke bei Konsument:innen auslöst. Im Neurobranding hat das Wort Emotion jedoch eine ganz andere Bedeutung. 

«Bei Interaktion mit bekannten Marken kann eine geringere Hirnaktivität festgestellt werden – und somit auch einen geringeren Energieaufwand.»

Emotionen sind komplexe Muster

Emotionen sind komplexe Muster (Motivsysteme) aus physiologischen Reaktionen, Gefühlen, kognitiven Prozessen und Verhaltensreaktionen. Sie entstehen durch verschiedene Faktoren wie zum Beispiel Ausschüttung von Hormonen, Steigerung des Blutdrucks oder Interpretation von Erinnerungen und Erwartungen. Der Begriff Emotion geht auf den lateinischen Begriff ēmovēro → «herausbewegen» zurück, einer Ableitung von movēre → «bewegen», auch emporwühlen oder erregen. Das bedeutet, dass Marken – sofern sie in dieser Dimension erfolgreich sein wollen – sich auch mit den unterbewussten Treibern / Motiven von Konsumenten beschäftigen sollten, wollen sie Menschen «emotional» an die Marke binden.

Das Gehirn ist eine faule Sau

Das Unterbewusstsein spielt in der Wahrnehmung von Marken eine zentrale Rolle. Ein Aspekt ist das «Energiesparen» bei der Markeninteraktion. In allem was das menschliche Hirn tut, steht das Bestreben, Energie zu sparen, ganz pragmatisch im Fokus. Das zeigt auch die Publikation «Neuromarketing – über den Mehrwert der Hirnforschung im Marketing» von Dr. Christian Scheier². In seinen Studien untersucht Scheier u.a. den Energieverbrauch im Gehirn bei entsprechender Markeninteraktion. 

Hirnscan bei der Interaktion mit bekannten und unbekannten Marken. Bekannte Marken führen zu geringerer Hirnaktivität.

Hirnscan bei der Interaktion mit bekannten und unbekannten Marken. Bekannte Marken führen zu geringerer Hirnaktivität.

Dabei zeigt sich: Gehirne von Individuen, welche mit emotional bekannten und favorisierten Marken (= starken Marken) in Interaktion treten, weisen einen deutlich geringeren Energieverbrauch auf, als bei Marken, welche emotional unbekannt sind.

Purpose als emotionale Codierung nutzen

Wie lässt sich diese Erkenntnis – auch vor dem Hintergrund der Studienergebnisse von Havas – konkret für Marken  und Neurobranding nutzen? Nun, ein guter Purpose ist ein «narrativ», welches im Unterschied zum logisch-wissenschaftlichen Denken die Emotion von Konsument:innen adressiert. Hier können wir ansetzen. Kennen wir die unterbewussten Motivstrukturen der Brand Audience, schaffen wir die richtigen Vorraussetzungen, um eine Marke nicht nur «kognitiv», sondern wirklich emotional an die Marke zu binden.  In einer übersättigten Konsumgesellschaft ist rationale Bekanntheit nicht mehr die höchste Währung. Nur Marken, welche sich mit Bedürfnissen der Konsumenten «sinnstiftend» verbinden, generieren für beide Seiten echte Wertschöpfung.

«In einer übersättigten Konsumgesellschaft ist die rationale Bekanntheit einer Marke nicht mehr die höchste Währung!»

Fazit? Weniger Push-Marketing, mehr Emotionen ansprechen

Die Existenzberechtigung einer starken Marke liegt also schon heute und in Zukunft in einer glaubwürdigen Mission. Und es lohnt sich, die Erkenntnissen der Meaningful Brands Studie und der Neurowissenschaft zu nutzen, um die Positionierung / Führung von Marken grundsätzlich zu überdenken. Denn so entsteht eine klassische Win-Win-Situation, in der alle Beteiligten einen Nutzen erzielen: Die Marke nimmt ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahr – die Gesellschaft nimmt die Marke wahr. Sinnstiftenden Brands gehört die Welt – den restlichen 74 % weint sowieso niemand nach.

Quellen
  1. Die Meaningful Brands Studie der Havas Media Group wird seit 12 Jahren durchgeführt und befragt fast 400.000 Menschen weltweit. Dabei untersucht die Studie, wie Marken das Leben der Menschen und ihre Rolle in der Gesellschaft spürbar verbessern können, nicht nur im Hinblick auf Produkte und Dienstleistungen. Methodisch untersucht Meaningful Brands dafür drei wichtige Säulen der Markenwirkung – persönliche, funktionale und kollektive Vorteile – ein «Meaningful Brand» ist eine Marke, die in allen drei Bereichen eine gute Leistung erbringt.

  2. Dr. Christian Scheier. GWV Fachverlag. Wiesbaden 2008. Die Macht des Marketing. Kapitel: Neuromarketing – Über den Mehrwert der Hirnforschung im Marketing. Seite 306.

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